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Wie schon vom "Fall" Omofuma und anderen Beispielen hinlänglich bekannt, hetzen die Krone und Teile ihrer Leser auch nach dem Todesfall im Stadtpark auf widerliche und dumpf-rassistische Weise gegen Schwarzafrikaner.

Aus dem Falter von heute:

Sie sind so hässlich

KRONEN ZEITUNG Die Methoden der "Krone" in Zeiten afrikanischer Todesopfer: Herausgeber Hans Dichand veröffentlicht die persönlichen Daten einer kritischen Leserin und setzt sie dem rassistischen Pöbel aus.

Da, hören Sie sich das doch einmal an!", bittet Judith E. "Negerhure! Du dreckige Negerhure!", brüllt es schon wieder aus dem Telefon. Wenn Judith E. dieser Tage ihre Mailbox abhört, dann hört sie nur noch das Gebrüll anonymer Österreicher. Judith E. kann ihr Handy nicht mehr benutzen, sie stellt es nur noch auf lautlos. Ihre Mailbox ist voll, der Briefkasten quillt über. "Ich bin wie gelähmt", sagt sie, "es macht mir schon Angst, wie weit der Rassismus in diesem Land fortgeschritten ist." Ihr Mann, ein Nigerianer, sitzt neben ihr, blättert in der Kronen Zeitung und schüttelt nur noch den Kopf. Mitverantwortlich für die wüsten Beschimpfungen ist Österreichs mächtiger Zeitungsherausgeber, der greise Hans Dichand. Er, der stets eine "Zeitung für unsere Leser" machen wollte, er, der mit dem Bundespräsidenten vertrauensvoll Guglhupf essen darf, er hat eine kritische Leserin seines Blattes dem Pöbel zur Hetze vorgeführt.

Judith E. schrieb Hans Dichand anlässlich des Todes von Cheibani Wague einen Brief für die Rubrik "Das Freie Wort". Seit dem tödlichen Zwischenfall im Stadtpark kann sich dort das gesunde Volksempfinden wieder einmal so richtig austoben. Viele der Briefe, so munkelt man in der Branche, würden von Dichand selbst verfasst. Zumindest finden sich auffallend viele Leserbriefschreiber nicht im Telefonbuch. Oder sie haben mit den Leserbriefen nichts zu tun: "Helga Dvorak, Wien" zum Beispiel. Sie hatte am Sonntag den Krone-Lesern tatsachenwidrig versichert, dass "dieser Mensch ein Rauschgiftdealer war, der sicher einige Jugendliche zu so genannten Giftlern gemacht hat". Doch die einzige Helga Dvorak im Wiener Telefonbuch will diesen Brief nicht geschrieben haben.

Wie auch immer. Judith E. schrieb ihren Brief jedenfalls selbst. Sie wies in ihm darauf hin, dass Wague im Stadtpark auch von Polizisten geschlagen worden sei. Am Schluss bedauerte sie, dass Afrikaner in Wien stets "auf Almosen angewiesen" seien. Ihrem Leserbrief legte Frau E. ein Begleitschreiben bei, in dem sie für allfällige Rückfragen der Redaktion ihre Handynummer und ihre Adresse angab. In der persönlichen Randnotiz gab sie auch an, mit einem Nigerianer verheiratet zu sein. Schlusssatz: "Ich schrieb diesen Leserbrief (...) als Privatperson aus persönlicher tiefer Erschütterung und Betroffenheit."

Dichand antwortete auf das Schreiben auf seine Art. Er veröffentlichte - ohne Rücksprache und ohne Einwilligung von Frau E.
- die volle Adresse und Telefonnummer seiner Leserin. Selbst der Umstand, dass sie von einem Afrikaner geschieden und nun wieder mit einem Nigerianer verheiratet sei, wurde bekannt gegeben. Ein völlig unübliches Verhalten im Medienwesen. Wollte er die kritische Frau an den medialen Pranger stellen?

Es ist ihm jedenfalls gelungen: Schon in den ersten drei Stunden nach Erscheinen des Briefes in der Krone erhielt Judith E. rund 200 Anrufe von aufgebrachten Krone-Lesern. Manche hat sie gespeichert: "Du blede Negerhur, geh ham! Du stinkende Sau! Du dreckige Hur", schreit einer aufs Tonband. "Um die Sau ist es nicht schade", plärrt eine ältere Dame, die sonst eher Schönbrunner-Deutsch sprechen dürfte. Einmal wird Judith E. sogar mit dem Umbringen bedroht. In ihrer Tasche trägt sie einen dicken Packen an Schmähbriefen. Die meisten sind anonym und entweder mit Schreibmaschine oder in der Handschrift alter Menschen verfasst. Ein "österreichischer Patriot" droht ihr etwa "einen Schuss in die Fut" an. Ein anderer fragt: "Sind Sie so hässlich, dass Sie kein Europäer anschaut?" Per Postkarte wird sie als "miese Scheißfut" und "gottverdammte Negerhure" beschimpft. "Ich habe jetzt wirklich Angst", sagt Judith E.

Hans Dichands Attacke ist der Höhepunkt einer dieser Kampagnen, die auch schon im Fall Omofuma funktioniert haben. Wenn Afrikaner zu Tode kommen, sind sie als Drogendealer und wilde Tiere zu entlarven. Was nicht bewiesen werden kann, dürfen Leser und Kolumnisten ungestraft in den Raum stellen. Tatsachen werden verdreht oder glatt geleugnet. Ein Beispiel: Nachdem der Falter vergangene Woche Videos und Fotos von der tödlichen Amtshandlung gegen Cheibani Wague veröffentlicht hat, auf denen man eindeutig sieht, dass ein Sanitäter mit beiden Beinen auf dem mittlerweile reglosen Afrikaner steht, wird Dichand nicht müde, behaupten zu lassen, der Sanitäter stehe "nur mit einem Bein" auf dem "Randalierenden", damit ihm eine Spritze verpasst werden könne. Dichand macht das sehr geschickt. Er nimmt ein Fernsehbild, auf dem der Sanitäter nur mit einem Bein auf dem Afrikaner steht, und lässt darunterschreiben: "In das Bild ist "Quelle Falter" eingeblendet. Dort konnte man auch lesen, dass die Einsatzkräfte mit beiden Füßen auf dem Mann stehen. Wenn man das Bild allerdings genauer anschaut, sieht man, dass die Helfer den Mann lediglich mit einem Fuß am Boden fixieren." Chronik-Chef Claus Pándi, Chefredakteur Michael Kuhn und Hans Dichand selbst wurden vom Falter daraufhin per E-Mail zwei Fotos zur Verfügung gestellt, auf denen man eindeutig das Gegenteil sieht. Pándi wurde zweimal persönlich angerufen und eingeladen, sich das Video anzuschauen. Die Konsequenz: Am nächsten Tag wärmt die Krone dieselbe Unwahrheit noch einmal auf. Dichand wird dafür von den Behörden belohnt. Die Wiener Rettung lädt seine Reporter "auf Weisung von oben" (Chefarzt Alfred Kaff) zu einer kleinen Gefälligkeitsreportage im Rettungswagen ein. Dem Falter hingegen wird eine Reportage im Krankenwagen verwehrt, obwohl er sich darum bemüht hatte.

  Bei den Leserbriefen braucht sich das gesunde Volksempfinden nicht um die Wahrheit kümmern: Gedruckt wird alles, egal, ob die Vorwürfe stimmen oder nicht. Da beklagt sich etwa eine Anita Reinthaler aus Wels (sie steht nicht im Telefonbuch), dass es jetzt für einen "herzkranken und drogensüchtigen Afrikaner (...) an allen Ecken Untersuchungen gibt, die von unseren Steuergeldern bezahlt werden". Nachsatz: "Gibt es auch eine Untersuchung der Verantwortlichen des Kulturdorfes, die wissentlich einen Drogenabhängigen mit Kindern arbeiten ließen?" Ein Johann Schrenk wiederum findet es empörend, dass es "solche Gutmenschen gibt, die die Sorge um Wirtschaftsflüchtlinge über die Belange der arbeitenden und Beiträge zahlenden Österreicher stellen und die offensichtlich durch Heirat zumindest ein Bleiberecht für Asylanten erreichen wollen".

Dichands Hetze gegen "windige Migranten" und Humitätsdilettanten" (Krone-Verseschmied Wolf Martin) ist nichts Neues. Auffallend ist nur, dass sie sich nun auch gegen eine Leserin der Krone richtet: Bereits im Jahr 1999 veröffentlichte die liberale Politikerin Heide Schmidt eine CD, auf der die rassistischen Texte der Krone gesammelt waren. Dichand ließ ihr durch Staberl in seinem Blatt ausrichten, dass es besser gewesen wäre, wenn "sich doch die liberale gnädige Heide Schmidt beizeiten ihre Lippen verpickt" hätte. Was für eine Anspielung: Damals war der nigerianische Schubhäftling Marcus Omofuma qualvoll erstickt, nachdem ihm Polizisten den Mund verklebt hatten. Kein Verbrechen der Polizei, hämmerte Dichand in allen Kolumnen von "Herr Strudl" bis "In den Wind gereimt". Damals verfügte er auch noch über die volksgesunde Wortgewalt des mittlerweile wegen Antisemitismus in Pension geschickten Richard Nimmerrichter, vulgo Staberl. Auch er durfte über die "Neger" Behauptungen aufstellen, ohne sie beweisen zu müssen. "Darf ein nigerianischer Drogenhändler auf die Menschenrechte pochen, während sie den zum Rauschgiftkonsum verführten einheimischen Jugendlichen versagt bleiben?", fragte damals Staberl. Dass Omofuma kein Dealer war, das erfuhren die Krone-Leser nicht.

Judith E., die in der Krone zum Abschuss freigegebene Leserbriefschreiberin, erwägt nun, eine Klage gegen das Blatt einzubringen. "Die haben mich bewusst zur Zielscheibe gemacht", glaubt sie. Entschuldigt hat sich bei ihr bis dato niemand. Auch nicht Dichands Sohn Christoph, der jüngst zum Chefredakteur ernannt wurde und als moderater gilt als sein Papa. Er müsste es eigentlich besser wissen. Der Titel seiner Dissertation lautet: "Der Persönlichkeitsschutz im Mediengesetz". ?

 
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